Bauträgerhäuser: Nicht die Katze im Sack kaufen!
Lieber Bauherr
In heutigen Zeiten stelle ich leider immer wieder in meiner Tätigkeit als Bausachverständiger fest, dass die Qualität bei Bauträgerhäusern immer weiter abnimmt … Was sind die Gründe dafür? Oft fängt es schon beim Werkvertrag an, den der Bauherr (ein alter deutscher Begriff und kommt von Herrschaft) bei einem Bauträger abschließt, weil er zum Festpreis und garantierten Einzugstermin scheinbar sicher ein Haus bauen will! Aber sicher ist hier oftmals gar nichts… schon bei Vertragsabschluss sind da bereits wesentliche Mängel erhalten. Wesentliche Mängel sind, wenn die Grundlagen der Planung und die Regeln der Technik nicht eingehalten werden.
Das andere dabei ist ein juristisches Problem und dafür gibt es Fachanwälte für Bau und Architektenrecht. Ein Fest für Juristen und die Baukammern bei den Gerichten die sich sehr freuen über möglichst viele neue Fälle … und deswegen die niemals arbeitslos werden – leider. Bezahlen muss das alles der Bauherr! Und wenn der Bauherr bei diesem hohen Streitwert – was bei Bausachen Usus ist – kein Recht bekommt, ist der Schaden immens, weil dann die generischen Kosten und Gerichtskosten auch noch zu bezahlen sind. Also doppelter Schaden und wie russisches Roulette.
Diesbezüglich ist der Rat eines Bausachverstänigen immer sinnvoll und das fängt bei einem Ersttermin am Baugrundstück, der Baubeschreibung und den Ausführungsunterlagen an. Diese die natürlich oft nicht zum Vorteil des Bauherren und oft nur vorteilhaft Vorteil für den Bauträger. Ganz traurig ist bei Baubeschreibungen, wenn diese nicht eindeutig sind, z. B. beim Baugrundrisiko. Erhebliche Mehrkosten können dadurch entstehen wenn das Baugrundrisiko überbunden (auf den Bauherrn abgewälzt) wird. Oder die Abfuhr des Bodenaushubs nicht im Festpreis enthalten ist. Fehlende beziehungsweise falsche Abdichtungsmaßnahmen können zu erheblichen Mehrkosten führen – auch später noch, wenn das Bauwerk vollendet ist. Das lösen und die Abfuhr von Erdmassen des Kelleraushubs sind kostenmäßig nicht zu unterschätzen, wenn beispielsweise die angenommene Bodenklasse nicht stimmt. Schlimm ist für die Kalkulation des Bauherrn, wenn er dafür überhaupt keine finanziellen Reserven hat. Oder problematische Baugründe
z. B. Fels, nicht tragfähige oder problematische Bodenschichten, drückendes Wasser, Altablagerungen wie Schadstoffe – Hinterlassenschaften des 2. Weltkriegs wie Munition oder Bomben usw.
angetroffen werden.
Des Weiteren wird größtenteils bei den Bauträgern nicht für ausreichende Ausführungspläne und Details gesorgt, sondern meistens mit Baugenehmigungsplänen im Maßstab 1:100 auf der Baustelle gearbeitet, was dazu führt, dass das berühmt und berüchtigte Gewerkeloch entsteht und sich die Handwerker vor Ort selber koordinieren müssen, weil es keine Detailplanung z. B. beim Fensteranschlag gibt und dieser dann nicht luftdicht und schlagregendicht ist: Es lebe der Schimmelpilz!
Ach ja, eine ordentliche Bauleitung gibt es natürlich meistens auch nicht. Das bedeutet in der Realität keine terminliche Koordinierung der Baumaßnahmen durch den Bauträger zu Lasten der Bauqualität. Der Bauherr muss heutzutage froh sein, wenn der Bauleiter einmal in der Woche auf der Baustelle ist und der Bau irgendwie trotzdem und mit großen Unterbrechungen weiterläuft bis zum Bauende … Bei hunderten Beratungen die ich in den letzten Jahren durchgeführt habe sehe ich wie schlimm es bereits um unsere Baukultur bestellt ist und er Grundsatz von Treu und Glauben – gerade bei der Qualität von Bauträgerhäusern – nicht mehr eingehalten wird. Versprochen und nicht gehalten … ist scheinbar an der Tagesordnung. Ganz schlimm ist auch für den Bauherren, wenn der vertraglich geschuldete Bau-Terminplan nicht übergeben oder eingehalten wird. Demnach muss der Bauherr nicht nur mit einem Zeitverlust leben, sondern auch noch bis Bauende mit einem unbekannten finanziellen Risiko. Beispielsweise muss durch den Bauherrn die Haus- oder Wohnungsmiete weiter bezahlt werden weil der Bau durch den Bauträger nicht wie vertraglich vereinbart fertig wird. Die meisten Bauherrn können froh sein, wie ich immer wieder bei Beratungen vor Ort feststellen muss, wenn sie überhaupt einen Gegenwert erhalten, der den bisher geleisteten Zahlungen aus dem vereinbarten Bau-Termin / Zahlungsplan entspricht. Dieser ist natürlich auch immer zum Vorteil des Bauträgers und hier geht der Bauherr meistens das Risiko ein, dass der Bauträger überzahlt ist. Besonders dann wenn Baumängel vor Ort festgestellt werden und der Bauträger klamm ist, weil er die Zahlungen der Bauherrn für andere Bauten verwendet hat. Das ist für viele Bauherrn besonders schmerzhaft, wenn es wesentliche Mängel gibt und sich diese Mängel nicht so ohne weiteres beseitigen lassen, oder das „Schwarze Peter Spiel“ gespielt wird und niemand für den Mangel verantwortlich sein will. Ganz ganz oft erlebe ich als Bausachverständiger bei meinen Prüfungen das auf mangelhafte Vorleistungen weitergearbeitet wird. Diese Mängel sind nach meinen Erfahrungen nicht nur schwer zu erkennen und lassen sich, wenn überhaupt meistens nicht mehr vollständig beseitigen, weil der Bauträger das ablehnt oder bautechnisch nicht möglich ist … Gerade zum Bauende ist das immer häufiger zu beobachten, weil die Zeit dann knapp wird und der Möbelwagen kommt – und dann bleibt bei der Bauabnahme für den Bauherrn oftmals nur noch eine Minderung des Vertragspreises! Aber was ist, wenn dann wie oft üblich, nur noch 2-3 % des Vertragspreises als Schlusszahlung bei der Bauabnahme zur Verfügung stehen und diese für die Beseitigung des / der vermeintlichen Mangel(s) nicht ausreichend sind? Im Vorfeld der Beauftragung für ein Haus sollte sich der Bauherr genau überlegen mit welchem Bauträger er sich einlässt – auch bei vermeintlich guten Referenzen – und auf jeden Fall ist eine baubegleitende Qualitätssicherung durch einen Bausachverständigen sinnvoll. Was sind Empfehlungen von Freunden oder Bekannten wert bei denen ein Bauvorhaben geklappt hat – das muss nicht bei dem eigenen nicht mehr genauso sein! Bestimmt gibt es auch seriöse Bauträger, aber in jedem Fall will ein Bauträger möglichst viel Geld verdienen. Die Bauträger stehen untereinander in einem gnadenlosen Konkurrenzkampf. Das geht immer mehr zu Lasten der Planungs- und Ausführungsqualitäten! Merke: Der Bauträger hat in der Regel keine eigenen Leute, sondern bedient sich Erfüllungsgehilfen, Subunternehmer genannt (einschließlich Architekten und Sonderfachleuten) und ist eigentlich nur ein Schreibtisch mit Bauleitung. Dabei werden von der Planung bis zur Bauausführung die Prozesse dermaßen ineinandergeschoben und verkürzt, sodass es für notwendige Fachingenieure oftmals nicht reicht und somit überhaupt keine ausreichenden Werkplanungen mehr gemacht werden. Messlatten dafür sind fehlende Baugrundgutachten, fehlende Schal- und Bewehrungspläne, fehlendes Lüftungskonzept / Bauphysik-, Schallschutzgutachten, etc. und weiter geht es bei den fehlenden Planungen und Leistungsbeschreibungen der Versorgungsingenieure, weil keine haustechnische Planung der Gewerke Heizung, Sanitär, Lüftung, Elektro mehr gemacht werden – und der Bau nach Unternehmerangeboten und mündlicher Angabe vor Ort ausgeführt wird – was bei Bauende oder im Falle einer Havarie nicht mehr reversibel ist …
Fakt ist für mich als Bausachverständiger, dass dann diese Bauvorhaben von vorne rein nicht den Grundlagen der Planung entsprechen können. Aber trotzdem wird, für mich vollkommen unverständlich mit dem Bau begonnen, was dann unweigerlich zu wesentlichen Mängeln in der Bauausführung führt – au weh! Das ließe sich nur vermeiden, wenn der Bauleiter des Bauträgers tagtäglich auf der Baustelle ist, aber das zeigt leider meine Erfahrung selten bis nie der Fall ist … Somit prüfe der Bauherr ob er sich ewig bindet und warum nicht wie früher ein Bauvorhaben im klassischen Dreigestirn ausführen:
Bauherr – Architekt (Sonderfachleute) – Unternehmer, warum nicht? Die haben meistens noch Berufsehre und man kennt sich, was dazu führt, dass für ausreichende Bauqualität gesorgt wird und eine Haftpflichtversicherung haben die auch, was gut zu wissen ist wenn Irgendetwas mal nicht funktioniert hat und es zu einem Bauschaden kommt. Wie sagte mir mal einen Zimmerermeister: „Ich freue mich immer wenn ein Plan funktioniert!“
In dem Sinne alles Gute.
Dipl.-Ing. Patrick Helmut König